Auch Dominik gefällt das, was er macht. Beim Vorstellungsgespräch kurz vor den Sommerferien war er noch ziemlich aufgeregt. Aber die Eltern haben ihm Mut gemacht. Und dann passte alles gleich. Die Kollegen seien sehr nett zu ihm, sagt Dominik. Jeden Mittwoch fährt er morgens 50 Minuten mit der Bahn der Linie 66 vom Bonner Stadtteil Oberkassel allein nach Siegburg. Rund zehn Minuten geht er dann zu Fuß, bis er die Kreispolizeibehörde erreicht hat. Um 9 Uhr fängt er an. Um 14 Uhr ist der Dienst beendet.
An den übrigen Tagen besucht er noch bis Mitte des Jahres die Drachenfelsschule im nahen Oberdollendorf, eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen. Dominik ist pfiffig, kann lesen und um die Ecke denken. Seine Mutter Andrea, eine Konzertharfenistin, staunt „immer wieder, was er alles so draufhat“. Auch Janine Roßbach, seine 40 Jahre alte Chefin bei der Polizei, ist sehr zufrieden: „Ich bin sehr pingelig. Mir ist es lieber, er macht einen Wagen gründlich sauber als fünf nur oberflächlich. Das hat er sofort verstanden.“
Die Behörde engagiert sich bei der Integration von behinderten Menschen. Janine Roßbach und ihren Kollegen fällt es nicht schwer, auf den Jungen einzugehen. „Ein Dreigestirn hält unsere Autos in Schuss und Dominik ist mittendrin“, berichtet die ZA-Bedienstete fröhlich.
Der 16-Jährige, bei dem aufgrund einer Genommutation das Chromosom 21 dreimal statt zweimal vorkommt, freut sich jedes Mal auf die Aufgaben, die in Siegburg auf ihn warten. Auch wenn die Fahrzeuge schon mal ganz schön schmuddelig sein können. Das irritiere ihn nicht weiter, stellt die Mutter fest. „Er ist hart im Nehmen.“
Nach dem Job habe er immer richtig Hunger, strahlt Dominik. Bevor er wieder nach Hause fährt, holt er sich gern noch ein Sandwich mit Chicken Teryaki im nächsten Laden. Die scharfe Sauce gefällt ihm besonders gut.
Geboren ist Dominik in Los Angeles. Insgesamt 13 Jahre haben seine Eltern in den Vereinigten Staaten gelebt. Die vier Kinder – Dominik ist der Zweitjüngste – kamen alle in den USA zur Welt. Mutter Andrea, die aus Niederbayern stammt, spielte dort in verschiedenen Orchestern. Vater Christoph, ein Hesse aus Darmstadt, arbeitete als Professor für Mathematik an der University of California. Inzwischen besitzt er eine Professur an der Bonner Universität. 2012 sind die Thieles nach Deutschland zurückgekehrt. Ihre Wahlheimat Kalifornien besucht die Familie noch oft. Dominik mag die Strände dort.
Zu Hause wird viel musiziert. Mutter und Tochter an der Harfe, Vater und Söhne am Klavier. Dominik spielte in den zurückliegenden Wochen einfühlsam bekannte Weihnachtslieder. Ihm gefallen aber auch Stücke von Bach oder Beethoven. Der Star-Wars-Fan liebt zudem Strategiespiele, Gärtnern, Badminton und Fußball. Bei der Bananenflanke Bonn, einem Fußballverein für geistig beeinträchtigte Kinder und Jugendliche, kickt er bei Turnieren mit.
Die Eltern wünschen sich, dass Dominik nach Ende der Schulzeit in ein paar Monaten eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt findet. Vielleicht bei der Polizei, wo es gerade so gut klappt. Das wäre Dominiks Traum. Derzeit prüft die Behörde, in welchem Rahmen dies möglich sein könnte.