"Die positive Kriminalitätsentwicklung aus dem Jahr 2018 mit teilweise historischen Tiefständen hat sich auch im letzten Jahr fortgesetzt. So wenig Straftaten wie seit mehr als 39 Jahren nicht mehr, die Diebstahlsdelikte haben den niedrigsten Stand der letzten 30 Jahre erreicht und die Wohnungseinbrüche sind nochmals um über 17% zurückgegangen. Damit haben wir so wenig Wohnungseinbrüche wie seit 31 Jahren nicht mehr. Deutliche Rückgänge an Straftaten bedeutet auch, dass bedeutend weniger Menschen Opfer einer Straftat geworden sind.", sagte Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen bei der Vorstellung des Kriminalitätsberichts 2019.
Es gibt aber leider auch ein Deliktsfeld, bei dem der Anstieg der Straftaten - und damit auch die Zunahme an Opfern - auffällig ist. Die Zahl der Sexualdelikte hat um über 30 % zugenommen. Sexuelle Übergriffe im häuslichen Bereich und umfangreiche Verfahren wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornographie sind ausschlaggebend für den Anstieg. 193 Kinder sind im letzten Jahr Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden. Und hierbei handelt es sich "nur" um die polizeilich bekanntgewordenen Missbrauchsfälle.
"Schnelle Ermittlungsergebnisse im Rahmen des Strafverfahrens sind wichtig. Wichtig ist aber auch unser Blick auf die Opfer. Unser Ziel muss es sein, einen sexuellen Missbrauch so schnell wie möglich zu erkennen und zu unterbinden und den Opfern zur Seite zu stehen. Die Erfahrungen zeigen, dass derartige Delikte im persönlichen Umfeld des Täters stattfinden. Hier sensibel zu sein und Auffälligkeiten zu registrieren, sollte Anspruch eines jeden von uns sein", betonte die Polizeipräsidentin.
Insgesamt wurden im Jahr 2019 knapp 48.000 Straftaten erfasst. Damit sank das Straftatenaufkommen im Vergleich zum Vorjahr wiederum und stellt den niedrigsten Wert der letzten 39 Jahre dar. Dabei wurde mehr als jede zweite Tat geklärt. Die Aufklärungsquote liegt bei fast 54%.
Trotz weiterhin sinkender Fallzahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl ist und bleibt deren Bekämpfung weiterhin von besonderer Bedeutung. Der kommissarische Leiter der Direktion Kriminalität, Kriminaldirektor Jürgen Häusler, appelliert in diesem Zusammenhang an alle Bürgerinnen und Bürger: "Ich möchte Sie nochmals ermuntern, sich bei der Fachdienststelle zu den Möglichkeiten des Einbruchschutzes kostenlos beraten zu lassen. Gleichzeitig bitte ich Sie, verdächtige Beobachtungen unverzüglich über 110 zu melden. Mit gemeinsamen Anstrengungen können wir die Fallzahlen in diesem Deliktfeld eindämmen."
Der Kriminalitätsbericht 2019 gibt nicht nur einen Überblick über die Gesamtzahlen der Straftaten für den Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen, sondern auch eine detaillierte Analyse einzelner Deliktsbereiche und eine Aufstellung der wichtigsten Zahlen aus den einzelnen Kommunen. Zusätzlich finden Sie in diesem Bericht auch besondere Ermittlungserfolge und Präventionsprojekte.
Die Deliktsfelder im Einzelnen:
Tötungsdelikte Insgesamt gab es im Jahr 2019 12 Tötungsdelikte, wobei es bei neun Taten beim Versuch blieb. Bei diesen Taten starben drei Menschen. Alle diese Taten konnten aufgeklärt werden. Im Jahr 2018 mussten dagegen noch 19 Tötungsdelikte bearbeitet werden. Bei Tötungsdelikten handelt es sich in den allermeisten Fällen um Beziehungs¬taten, so dass die Anzahl polizeilich kaum zu beeinflussen ist und sich Fallzahlen¬schwankungen dadurch erklären.
Sexualdelikte In diesem Deliktsbereich stiegen die Fallzahlen von 590 Taten im Jahr 2018 auf 768 Taten im Jahr 2019 an. Die Aufklärungsquote ist dabei mit annähernd 78 % gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen (+0,5%). Besonders bearbeitungsintensiv waren dabei die beiden schweren sexuellen Missbrauchsfälle aus Dorsten und Datteln. "Durch intensive Ermittlungskommissionsarbeit wurden beide Tatkomplexe, auch verbunden mit der Beweissicherung und Auswertung des umfangreichen Datenmaterials, abgearbeitet." stellt hierzu Jürgen Häusler, kommissarischer Leiter der Direktion Kriminalität fest. Mehr als 2/3 der erfassten Sexualstraftaten (171 Taten) sind dem sexuellen Missbrauch von Kindern zuzurechnen. Das sind 73 Delikte mehr als im Jahr 2018. Bei den schwerwiegenden Sexualstraftaten (Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen) kannten sich Täter und Opfer in den allermeisten Fällen. Der Anstieg der Sexualdelikte im Jahr 2019 ist auch mit der Vielzahl der Missbrauchsfälle zu erklären. Im Bericht gegen wir auf diese im Bereich der "Besonderen Ermittlungsverfahren" gesondert ein.
Rohheitsdelikte Bei diesen Delikten, zu denen auch Raubstraftaten und Körperverletzungen gehören, wurden 221 Taten weniger registriert als im Jahr 2018. Die Fallzahlen sanken von 8.114 auf 7.893 Delikte, wobei die Aufklärungsquote noch leicht gesteigert werden konnten (um annähernd + 0,5%) Den größten Anteil in diesem Deliktsbereich nehmen die Körperverletzungsdelikte ein. Hier sanken die Fallzahlen von 5.192 auf 5.075 Taten, wobei die Aufklärungsquote um fast 1% auf annähernd 89% gesteigert werden konnte.
Raub Die Anzahl der Raubdelikte sank von 402 Taten im Jahr 2018 auf 383 Taten im Jahr 2019. Dieser Wert stellt einen 12-Jahres-Tiefstand dar, wobei die Aufklärungsquote mit annähernden 57,5% den höchsten Stand der letzten 10 Jahre darstellt. Dabei geschahen 144 Straßenraube und 20 Raubüberfälle auf Geschäfte. Zum Raub von Handtaschen kam es in 9 Fällen.
Körperverletzungen Auch hier sind die Fallzahlen weiterhin gesunken. Seit dem Jahr 2016 sanken die Fallzahlen in diesem Deliktsbereich stetig, wobei die Aufklärungsquote gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen ist und insgesamt bei fast 89% liegt. In absoluten Zahlen sanken diese Delikte im Vergleich zum Vorjahr um 177 Taten auf 5.075 Körperverletzungen. Den Hauptanteil nehmen dabei die einfachen Körperverletzungen mit 3.586 Taten ein. Über 90% dieser Taten konnten geklärt werden. In 1.265 Fällen wurden gefährliche und schwere Körperverletzungen, also Taten unter Nutzung von Gegenständen oder solche mit schweren gesundheitlichen Folgen, registriert. Hiervon wurden über 84% aufgeklärt.
Gewaltkriminalität Gewaltkriminalität fasst die Delikte der groben Gewaltanwendung oder mit erheblichen Folgen für die Opfer zusammen. Die Fälle der Gewaltkriminalität sanken ebenfalls seit dem Jahr 2016 stetig und liegen in Jahr 2019 bei 1.804 Delikten. Fast 80% dieser Delikte konnten geklärt werden. Das stellt die höchste Quote der letzten 16 Jahre dar. Den größten Anteil nahmen dabei die Delikte der gefährlichen Körperverletzung mit 1.265 Taten ein. Fast 84,5% dieser Fälle konnten geklärt werden.
Straftaten mit dem Tatmittel Messer Erstmals werden im Jahr 2010 Taten, bei denen eine Stichwaffe genutzt wurde, gesondert erfasst. Insgesamt wurden dabei 280 "Messerstraftaten" mit 273 Tatverdächtigen registriert. Da es keine Vergleichszahlen gibt, lässt sich diese Zahl nicht verlässlich bewerten.
Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen Die Fallzahlen liegen in diesem Deliktsbereich weiterhin auf hohem Niveau. Im Jahr 2019 wurden 334 Fälle erfasst; vier mehr als im Vorjahr. Lediglich eine Tat konnte dabei nicht aufgeklärt werden. Dabei ist zu beachten, dass letztlich nur die Fallzahlen der Jahre 2018 und 2019 miteinander verglichen werden können. Aufgrund einer Gesetzesverschärfung im Jahr 2017 ist nun auch die Störung der Arbeit von Polizeibeamten, Rettungskräften und Feuerwehrleuten in diesem Deliktsbereich enthalten
Diebstahl
Diebstahl nimmt mit 38% mehr als ein Drittel an der Gesamtkriminalität ein. Die Fallzahlen gingen dabei im Vergleich zum Vorjahr von 18.978 auf 18.082 zurück. Das stellt den tiefsten Stand der letzten 30 Jahre in diesem Deliktsbereich dar. Dabei wurden im Bereich des einfachen Diebstahls 9.859 Taten und im Bereich des schweren Diebstahl 8.223 Taten registriert. In beiden Deliktsbereichen sanken die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote ist insgesamt von 25,40% auf 23,44% leicht gesunken. In 238 Fällen wurden Kraftwagen (-7), in 374 Fällen Krafträder (+83) gestohlen. Beim Ladendiebstahl sind im Vergleich zum Vorjahr mit 2.888 Fällen insgesamt 50 Taten weniger erfasst worden. Hier konnten 90% der Taten geklärt werden.
Taschendiebstahl In 1.042 Fällen kam es im Jahr 2019 zu Taschendiebstählen. Das sind 19 Fälle weniger als im Vorjahr. Da die Geschädigten die Taten meistens erst später bemerken und diese mit zeitlichem Verzug angezeigt werden, ist die Aufklärungsquote regelmäßig gering und liegt nur bei 3%. Die Fallzahlen liegen in den letzten fünf Jahren auf fast gleichem Niveau. Die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger zur Verhinderung von Taschendiebstählen ist im Jahr 2019 Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit.
Fahrraddiebstahl Im Jahr 2012 wurden mit 4.940 Taten die meisten Fahrraddiebstähle der letzten 10 Jahre registriert. Im Jahr 2019 waren es 2.325 Fälle. Dieser Wert stellt den niedrigsten Stand der letzten 12 Jahre dar. Die Aufklärungsquote liegt bei etwa 6,5%.
Wohnungseinbruch Die Fallzahlen sind bei diesem Delikt weiterhin rückläufig. Im Jahre 2016 wurde der höchste Wert mit 2.732 Taten festgestellt; im 2019 sind es 1.151 Fälle. Das sind 245 Taten weniger als im Vorjahr und stellt den niedrigsten Wert der letzten 31 Jahre dar. Die Aufklärungsquote liegt bei annährend 10%. Dabei liegt der Anteil der Versuche bei 49%. Somit blieb fast jede zweite Tat im Versuchsstadium stecken. "Die deutliche Senkung der Wohnungseinbrüche basiert unter anderem auch auf unseren verstärkten Maßnahmen. Wir werden an unseren bewährten Konzepten, wie zum Beispiel den Aktionstagen gegen Wohnungseinbrüche, festhalten. Auch weiterhin werden wir schnell und unmittelbar auf Brennpunkte reagieren, um dem Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden.", so Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen.
Diebstahl an/aus Kfz 2.566 Diebstähle an und aus Kfz wurden im Jahr 2019 angezeigt. Das waren 587 Delikte weniger als im Jahr 2018 und stellt den niedrigsten Stand der letzten 15 Jahre dar.
Einbruchkriminalität Im weitesten Sinne werden hier Wohnungs- und Geschäftseinbrüche zusammengefasst. Insgesamt wurden hier 2.918 Delikte erfasst; das entspricht in etwa dem Vorjahrsniveau. Den größten Anteil nehmen dabei die Wohnungseinbrüche mit 1.151 Taten ein. Deren Fallzahlen sank um 245 Taten im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote der Einbruchkriminalität sank von 15,5 auf 8,5%.
Straßenkriminalität Hier sind alle Delikte zusammengefasst, die im öffentlichen Raum geschehen. Insgesamt wurden in diesem Deliktsbereich 11.484 Taten registriert. Den größten Anteil nehmen dabei der Diebstahl an/aus Kfz (2.566), Sachbeschädigung an Kfz (2.355), Diebstahl von Fahrrädern (2.044), sonstige Sachbeschädigungen auf Straßen, Wegen und Plätzen (1.907) und Taschendiebstahl (1.042) ein. Die Gesamtzahl der Delikte nahm um 1.208 Fälle oder gut 9,5% im Vergleich zum Vorjahr ab. Die Aufklärungsquote sank leicht von fast 17 % im Jahr 2018 auf annähernd 16% im Jahr 2019. Im Zeitraum von zehn Jahren kann bei der Straßenkriminalität eine Senkung von über 6.604 Fälle (-37%) verzeichnet werden.
Vermögens- und Fälschungsdelikte In dieser Deliktsgruppe sind Taten wie Betrug, Fälschung von Zahlungskarten, Geld- und Wertzeichenfälschung sowie Untreue und Unterschlagung zusammengefasst. Insgesamt wurden hier 7.648 Taten registiert. Das sind 497 mehr als im Vorjahr. Die Gesamtaufklärungsquote liegt bei 71%. Einen Großteil der Gesamttaten nehmen die Betrugsdelikte mit 5.961 Fällen ein. Das sind 812 Taten mehr als im Jahr 2018. Zwar sank die Aufklärungsquote bei diesem Delikt leicht. Es werden aber annähernd drei von vier Taten geklärt (73,5%).
Cybercrime Cybercrime umfasst die Straftaten, die sich gegen das Internet, Datennetze, informationstechnische Systeme oder deren Daten richten oder die mittels dieser Informationstechnik begangen werden. Aufgrund der immer weiter steigenden Vernetzung der Bevölkerung und deren Nutzung ist hier seit Jahren eine kontinuierlich steigende Kriminalitätsentwicklung festzustellen. Die Erfassung der Deliktszahlen erfolgt erst seit 2019 in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Den Großteil der 2.687 Delikte nimmt hier Cybercrime mit dem Tatmittel Internet ein. Alleine hier wurden 2.520 Fälle erfasst. Es konnten 1.856 oder annähernd 74% geklärt werden.
Rauschgiftdelikte Bei diesen Delikten wurden 2.480 Taten erfasst; 93% dieser Fälle wurden aufgeklärt. Den größten Teil nimmt dabei der Besitz/Erwerb von Cannabis und Zubereitungen mit 1.122 Delikten ein. In diesem Bereich wurden sogar 96% der Taten geklärt.
Sachbeschädigung Die Fallzahlen der Sachbeschädigungen gingen um 266 Delikte auf 5.350 Taten zurück; die Aufklärungsquote liegt bei 23%. Den größten Anteil nehmen dabei die Sachbeschädigungen an Kfz mit 2.355 Taten ein. Dies stellt einen Rückgang um 152 Taten dar. Annähernd 14% dieser Taten wurden geklärt.
Jugendkriminalität Der Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren ist leicht von etwa 22% auf 22,4% gestiegen. In Zahlen sind im Jahr 2019 4.122 Tatverdächtige erfasst. Das ist der drittniedrigste Stand der letzten 16 Jahre. Dabei nehmen bei den Jugendlichen die Rohheitsdelikte, wie Körperverletzung und Raubtaten (gut 34%) und der einfache Diebstahl (24,5%) den größten Anteil ein.
Tatverdächtige Dreiviertel der Tatverdächtigen sind Männer und ein Viertel Frauen; etwa 9% der Tatverdächtigen sind im Alter von 14 bis 18 Jahren. Der Anteil der Nichtdeutschen Tatverdächtigen ist seit 2016 rückläufig. Die 18.431 Tatverdächtigen nehmen 27,7% an der Gesamtzahl ein.
Den gesamten Kriminalitätsbericht finden Sie im Anhang.