Radstreife am Louvre
Mit dem Fahrrad auf Streife in Paris
Ein Erfahrungsbericht aus Frankreich von Polizeikommissar Julian Schwan von der Polizei Duisburg.
Polizei Duisburg

Nachdem ich im vergangenen Jahr erstmalig an den „Europäischen Kommissariaten“ teilnehmen durfte, hatte ich für mich sehr schnell entschieden, dass ich diese Erfahrung gerne weiter ausbauen möchte. Im Juni 2022 unterstützte ich Kollegen der französischen Gendarmerie Nationale im Rahmen eines mehrtägigen Jugendradrennens in Bitche, unweit der französisch- saarländischen Grenze. In diesem Jahr war es mein Wunsch, die dabei gewonnenen durchweg positiven Eindrücke weiter zu vertiefen und an einem mehrwöchigen Programm teilzunehmen. Also richtete ich für die Frühlingssaison 2023 eine erneute Bewerbung an das Referat 425 des Ministeriums des Innern NRW. Nach wenigen Wochen wurde mir mitgeteilt, dass ich zum Start der Tourismus-Saison im April/Mai für drei Wochen die Polizeipräfektur Paris (Préfecture de Police de Paris, DSPAP) würde unterstützen dürfen, in einer der beeindruckendsten Metropolen Europas und der Welt. Die Vorfreude darauf steigerte sich täglich.

Die Polizeipräfektur Paris ist eine Dienststelle der französischen Police Nationale, welche im Gegensatz zu der Gendarmerie Nationale in den städtischen Regionen zuständig ist.

Vorbereitung und Anreise

In Abstimmung mit den französischen Kontaktbeamten und der eigenen ZA-Dienststelle wurde die Anreise geplant. Diese erfolgte mit dem Zug zum Pariser Gare du Nord, wo ich bereits durch einen Mitarbeiter der Polizeipräfektur Paris erwartet wurde. Untergebracht wurde ich in dem Hotel Cercle national des Armées, ein gehobenes Hotel für Gäste des französischen Militärs im 8. Arrondissement (Stadtbezirk).

Begrüßung und Einsatzbereich

Durch eine Beamtin des Referates für internationale Beziehungen der Polizeipräfektur Paris wurden meine beiden portugiesischen Kollegen und ich am nächsten Morgen bei einem Frühstücksbuffet im 13. Arrondissement begrüßt. Dort erhielt ich in entspannter Atmosphäre eine Einweisung in das französische Recht des Schusswaffengebrauchs. Zudem wurden die Aufgaben, die uns als ausländische Polizeibeamte mit Grundlage des Prümer Vertrages übertragen werden, genau erläutert.

An dieser Begrüßung nahmen ebenfalls Tutoren der Polizeidienststellen der Stadtbezirke teil, denen wir im weiteren Verlauf zugeteilt wurden. Sehr zu meiner Freude wurde ich der mit etwa 500 Mitarbeitern größten Polizeiwache in Paris, dem „Commissariat Paris Centre“, zugewiesen. Der Wachbereich umfasst das 1. - 4. Arrondissement und somit das unmittelbare Zentrum von Paris. Diese Stadtbezirke sind vor wenigen Jahren polizeilich fusioniert. Darin befinden sich Sehenswürdigkeiten wie das Musée du Louvre, Cathédrale Notre-Dame, Place de la Concorde, Hôtel de Ville (Rathaus) oder Jardin des Tuileries (Tuileriengarten). Dementsprechend gibt es in diesen Bezirken ein sehr hohes Touristenaufkommen, selbstverständlich auch aus Deutschland.

Im Anschluss an die Begrüßung begab ich mich zusammen mit meinem Tutor zu meiner Dienststelle für die kommenden drei Wochen. Dort wurde ich den Leitern der verschiedenen Organisationseinheiten vorgestellt und durch sie herzlich empfangen.

Meinen Dienst versah ich in der ersten Woche in der „Brigade Territoriale de Contact LTN“ (örtliche Kontaktbrigade im Bereich Louvre, Tuileries, Notre-Dame) Diese Organisationseinheit ist dem V.T.T. (Vélo Tout Terrain = frei übersetzt Mountainbike) angegliedert. Dementsprechend war ich die gesamte Woche mit mindestens drei Kollegen mit dem Fahrrad auf Streife. Das mag zunächst ein wenig ungewöhnlich klingen, ist aber mit Blick auf den extremen Verkehr und die sehr engen Straßen und Gassen eine absolut adäquate Alternative. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man mit dem Fahrrad in bestimmten Bereichen sogar schneller seinen Einsatzort erreichen kann, da diverse Örtlichkeiten aufgrund des hohen Touristenaufkommens nur sehr schlecht mit dem Streifenwagen zu erreichen sind.

Als Kontaktbrigade haben wir eng mit dem Wachdienst zusammengearbeitet und diesen unterstützt, wenn es erforderlich war. Wir verbrachten aber ebenso viel Zeit damit, an den stark frequentierten Örtlichkeiten Präsenz zu zeigen sowie Personen- und Verkehrskontrollen durchzuführen. Da wir die meiste Zeit tatsächlich auf der Straße verbrachten, waren wir für den Bürger stets sicht- und ansprechbar.
Ebenfalls eng zusammengearbeitet wurde dort mit der in Frankreich einzigartigen Gruppe der „Rollers“ (Inline-Skater), die ebenfalls dem V.T.T. angegliedert ist. Die Kollegen sind für den Einsatz mit den Inline-Skates speziell geschult und verbringen die gesamte Dienstzeit in den „rollfähigen Schuhen“.

In der zweiten Woche wechselte ich zur Kontaktbrigade HBM (Halles, Beaubourg, Montorgueil). Das „Forum des Halles“ ist ein großes Einkaufszentrum, welches von der Größe etwa mit dem Centro Oberhausen zu vergleichen ist. Um dieses Zentrum herum gibt es eine große Fußgängerzone mit vielen Bars und Restaurants, was vor allem junge Leute und Touristen anzieht. Ein angrenzender Park dient zudem als Umschlagsplatz für Betäubungsmittel und wurde daher in hoher Frequenz bestreift. Die Kernaufgaben unterschieden sich im Vergleich zur Vorwoche zwar nicht grundlegend, allerdings wurden diese aufgrund der großen Menschenmengen und der Örtlichkeit (Fußgängerzone) fast ausschließlich fußläufig absolviert. Auch dabei unterstützten wir den Wachdienst regelmäßig bei Einsatzanlässen wie Körperverletzung, Raub oder Diebstahl.

Bei der Fahndung nach Tätern wurden wir tatkräftig von den etwa 1.000 Videokameras unterstützt, die im gesamten Stadtgebiet von Paris installiert sind. Diese sind Eigentum der Pariser Polizei und können in Echtzeit überwacht werden (Eine Besonderheit in Frankreich, aufgrund der speziellen Verwaltung in Paris). Dadurch konnten wir sehr zeitnah Hinweise auf Personenbeschreibung, Fluchtrichtung oder gar den konkreten Aufenthaltsort von Personen oder Fahrzeugen erhalten.

Die letzte Woche meiner Verwendung verbrachte ich wieder bei der Kontaktbrigade LTN, in der ich also erneut mit dem Fahrrad unterwegs war. In dieser Woche hatte ich das Glück, auf einen Kurs der HSPV Duisburg zu treffen, der im Rahmen einer Studienfahrt die Wache im Zentrum von Paris besuchte. Dabei durfte ich, neben einem kleinen Gefühl von Heimat, viele Gegebenheiten und Arbeitsabläufe vermitteln und erläutern sowie bei der Übersetzung unterstützen.

Einen Tag später nahm ich an einer Führung für eine Pariser Grundschulklasse in der Wache teil. Den Kindern im Alter von etwa 7-8 Jahren wurde durch viele kleine Präsentationen und Veranschaulichungen versucht, Polizeiarbeit zu erläutern. Sie durften auch mich mit Fragen löchern, wobei die Kinder und ich enorm viel Spaß hatten.

Einer der Höhepunkte in diesem Zeitraum waren die Demonstrationen und Aufmärsche am 1. Mai, die in etwa 200 Metern Entfernung zur Wache, auf dem „Place de la République begannen. Diese wurden durch Brigaden, welche mit unserer Einsatzhundertschaft vergleichbar sind, polizeilich begleitet. Wir hatten zwar in unserem Dienst kaum Berührungspunkte damit, jedoch wirkten sie aufgrund ihrer Größe sehr beeindruckend.

Tief bewegt und beeindruckt wurde ich im Verlauf meiner Verwendung durch zwei leider sehr traurige Anlässe. Zwei Mal kamen sämtliche verfügbare Mitarbeiter der Dienststelle zu einer Schweigeminute zusammen, um der Kollegen der Gendarmerie Nationale und der Police Nationale zu gedenken, die kürzlich im Dienst verstorben waren. Diese wurden durch den Dienststellenleiter moderiert und durchgeführt. Dabei waren natürlich die Betroffenheit, aber vor allem der extreme Zusammenhalt der einzelnen Polizeiorganisationen deutlich.

Mein Fazit

Während meines gesamten Aufenthaltes konnte ich verschiedene Wahrnehmungen des Bürgers auf meine Rolle als ausländischer Polizeibeamter feststellen. Durch die recht einheitliche dunkelblaue Farbe der französischen und deutschen Uniformteile wurde ich von vielen Bürgern gar nicht als nicht-französischer Beamter wahrgenommen. Wenn ich jedoch angesprochen wurde, waren die Bürger sehr interessiert und teilweise überrascht. Insgesamt waren die Rückmeldungen positiv.

Zusätzlich zu den gemachten dienstlichen Erfahrungen, bei denen einige Unterschiede festgestellt und Aspekte für den eigenen Dienst adaptiert werden konnten, entwickelte ich meine sprachlichen Kenntnisse weiter. Die vielen, sehr freundlichen und enorm hilfsbereiten französischen Kollegen haben daran einen hohen Anteil. Im Hinblick darauf war diese Verwendung vermutlich auch ein Mehrwert für die Polizeipräfektur Paris, da ich einige Male als Übersetzer fungieren und somit die Sprachbarriere zwischen Polizei und Bürger überwinden konnte.

Ich bin sehr stolz, die Polizei NRW und auch die Bundesrepublik Deutschland in Frankreich repräsentiert und einen Teil dazu beigetragen zu haben, die europäischen Kooperationen zu pflegen und fortzuführen.

Ich werde an diese drei Wochen noch lange positiv zurückdenken. Mein Interesse für weitere Verwendungen im Ausland wurde dadurch noch weiter gestärkt.

Centre Pompidou
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Centre Pompidou

Polizei Duisburg
Radstreife vor Notre Dame
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Radstreife vor Notre Dame

Polizei Duisburg
Radstreife entlang der Seine
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Radstreife entlang der Seine

Polizei Duisburg
Polizei auf Rollerblader
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Polizei auf Rollerblader

Polizei Duisburg
Studierendengruppe aus Duisburg

weitere Informationen

In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110