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Rechtsextremismus
Rechtsextreme Netzwerke: Nach den Rechten sehen
Seit der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, dem Anschlag auf die Synagoge in Halle und dem Attentat von Hanau hat die NRW-Polizei ihren Kampf gegen den Rechtsextremismus noch einmal verschärft. Zusätzliche Maßnahmen sollen helfen, der Radikalisierung vorzubeugen und Terror zu verhindern. Die Devise lautet: Klare Kante gegen rechten Extremismus.
Streife-Redaktion

Der Rechtsextremismus und der Rechtsterrorismus sind neben dem Islamismus die größten Bedrohungen für die Innere Sicherheit. Das wurde zuletzt bei einem Symposium des NRW-Innenministeriums zum Thema Rechtsextremismus deutlich. Es waren mehr als 200 Vertreter aus Politik und Gesellschaft eingeladen. Nachdem NRW-Innenminister Herbert Reul die Tagung eröffnet hatte, referierte der Terrorismusexperte Prof. Peter Neumann vom King's College London über internationale Bezüge und Entwicklungen im Bereich des Rechtsterrorismus. Dr. Christoph Busch vom Verfassungsschutz NRW stellte anschließend die neuen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus vor, die u. a. darauf ausgerichtet sind, auch in der Mitte der Gesellschaft Fuß zu fassen. Insbesondere die sogenannte »Neue Rechte« versucht, die Stigmatisierung des Rechtsextremismus aufzubrechen, fremdenfeindliche und autoritäre Argumente im politischen Diskurs zu »normalisieren« und somit anschlussfähig für breitere Teile der Gesellschaft zu werden. Ralph van der Lip vom Landeskriminalamt NRW rundete dieses Bild mit einer umfassenden Analyse der erfassten einschlägigen Kriminalitätszahlen ab. Dr. Andreas Hollstein, Bürgermeister von Altena, schilderte aus der Sicht eines Betroffenen den Umgang mit rechtsextremistischen Drohungen im Alltag eines Amtsträgers.

 

Trends beim Rechtsextremismus

Das rechtsextremistische Personenpotenzial beläuft sich derzeit bundesweit auf 24.100 Personen, darunter befinden sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden 12.700 gewaltorientierte Extremisten. Der Rechtsextremismus zeichnet sich zudem durch eine hohe Dynamik aus, die durch drei Entwicklungen geprägt ist:

  • Radikalisierung: Die Radikalisierung zeigt sich unter anderem darin, dass Rechtsextremisten die derzeitige politische Situation als »Endzeit und Bürgerkriegsszenario« diskutieren und zum Teil daraus folgern, sich auf diese Auseinandersetzung vorbereiten zu müssen. Das permanente Wiederholen von Feindbildern und das rassistische Zuspitzen von gesellschaftlichen Konflikten liefern Rechtsextremisten eine Rechtfertigung für Gewalttaten. Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anschlag von Halle und das Attentat von Hanau führen nachdrücklich das Ausmaß der aktuellen rechtsterroristischen Bedrohung vor Augen. Und diese Bedrohung hat sich verändert: Von 1990 bis in die 2000er Jahre gingen rechtsterroristische Aktivitäten oder schwere rechtsextremistisch motivierte Gewaltstraftaten überwiegend von ideologisch gefestigten Gruppierungen oder Einzelpersonen aus, die fest in der Szene verankert waren. Seit Mitte der 2010er Jahre hingegen gibt es oftmals Täter mit nur einer geringen Anbindung an den organisierten Rechtsextremismus.
  • Entgrenzung: Die »Neue Rechte« versucht, die Stigmatisierung des Rechtsextremismus aufzubrechen, fremdenfeindliche und autoritäre Argumente im politischen Diskurs zu normalisieren und somit anschlussfähig für breitere Teile der Gesellschaft zu werden.
  • Virtualisierung: Der Rechtsextremismus nutzt das Internet und die sozialen Netzwerke, indem er die viralen Möglichkeiten zur Verbreitung von Propaganda und Feindbildern, zur Mobilisierung sowie zur Vernetzung und Organisation nutzt.

 

Was jetzt getan wird

NRW-Innenminister Herbert Reul hat verschiedene Ansätze zur Früherkennung von rechtsextremen Bestrebungen auf den Weg gebracht. So soll die Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz verbessert und die Analyse von Daten zu diesem Personenkreis intensiviert werden. Diesem Zweck dient auch ein geplantes gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum beim LKA. »Hier sollen frühzeitig mögliche Täter und Strukturen erkannt werden und welches Risiko von ihnen ausgeht«, erläuterte Reul. Auch wird zukünftig ein »Landeslagebild Rechtsextremismus«, in dem alle Erkenntnisse von Verfassungsschutz und Polizei zusammengeführt und auf den aktuellen Stand gebracht werden, erstellt.

 

Hilfe zum Ausstieg aus der rechtsextremen Szene

Das Programm »Spurwechsel« (www.spurwechsel.nrw.de) des NRW-Verfassungsschutzes ermöglicht es Aussteigewilligen, die rechtsextreme Szene zu verlassen, und unterstützt sie dabei, ein straffreies Leben jenseits des Extremismus zu führen. Aktuell haben etwa 190 Personen den Ausstieg mit der Hilfe von »Spurwechsel« geschafft.

Die Abkürzung »VIR« (www.vir. nrw.de oder www.im.nrw/vir) steht für »VeränderungsImpulse setzen bei rechtsorientierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen«. Dahinter verbirgt sich ein Fortbildungskonzept des NRW-Verfassungsschutzes, das Haupt- und Ehrenamtler, die mit der Altersgruppe aus der Szene in Kontakt stehen, befähigen soll, mit Kurzinterventionen auf gefährdete junge Menschen zuzugehen und sie zum Nachdenken über ihr Handeln zu veranlassen.

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